(22-07-2010, 12:34)Der-Einsiedler schrieb: Eine kleine Anmerkung: Das Beispiel ist nicht so sinnvoll, denn Aspirin wird von keiner Krankenkasse bezahlt. Selbst bei Herzkranken und Schlaganfallpatienten, bei denen eine Einnahme deutlich mehr Nutzen als Risiken bringt, wird es nicht bezahlt, der Patient zahlt es selbst
ich geb jetzt zu, daß ich als privat versicherter sowieso nicht so genau weiß, was kassen zahlen oder nicht. aber ich nehme mal an, daß die von rao zitierten lipidsenker zum einen verschreibungspflichtig sind und zum anderen von der kasse bezahlt werden
ich schau mir da mal als beispiel meine schwiegermutter an. die alte dame wird 80, ist für ihr alter noch recht fit und hat außer den üblichen wehwehchen, die das alter halt so mit sich bringt, keine großen beschwerden. sie geht als verantwortungsbewußte patientin zum hausarzt, um sich durchchecken zu lassen - der macht einen bluttest und konstatiert einen leicht erhöhten cholesterinspiegel. folge: sofortige verschreibung von lipidsenkern
da frage ich mich dann schon, wozu. meine schwiegermutter hat keine beschwerden, sondern es wird bloß ein (nach welchen kriterien eigentlich?) festgelegter grenzwert rein technisch überschritten. ein auf längere sicht eventuell etwas verringertes herzinfarktrisiko hat für eine 80jährige wohl eher marginale bedeutung (was man für mögliche nebenwirkungen vielleicht nicht unbedingt so sehen muß) - auf jeden fall aber kosten die medikamente ein schweinegeld
so schaut der ganz normale medikamentenwahnsinn aus. im vergleich dazu sind mir für geringes geld erhältliche lactose-kügelchen selbst ohne nachvollziehbare wirkung relativ egal
überhaupt betrachte ich mit unbehagen die entwicklung, nicht mehr als behandlungsbedürftige krankheit zu sehen, was beschwerden macht, sondern daß (imho oft recht willkürlich) irgendwelche grenzen für analysenwerte festgelegt und deren überschreitung als behandlungsbedürftige krankheit definiert wird. sicher ein genialer trick: die medizinische bzw. pharmaforschung erfindet am laufenden band neue "krankheiten", für deren behandlung dann rein zufällig schon die geeigneten mittel bereit stehen. denn natürlich sind die ja alle getestet und mußten ihre wirksamkeit nachweisen, nicht wahr, und dann muß ja alles in ordnung sein...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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