01-09-2013, 22:46
(01-09-2013, 22:31)Shila schrieb: Zunächst einmal ist Selektion ein halbwegs gerichteter Prozess.
Ich hab immer ein Problem damit, wenn Evolution als Prozess beschrieben wird, denn obwohl sehr bildhaft, glaube ich, dass mindestens die Hälfte der Missverständnisse über die Evolution darin begründet sind, dass sie für einen (aktiven) Prozess gehalten wird. Dabei bedeutet Evolution im Grunde doch nur folgendes: Wer mehr Sex haben kann, wird mehr Sex haben.
Das ist extrem versimpelt, aber im Grunde auch anschaulich.
Besser ausgedrückt: Befähigt deine (teilweise zufällig generierte, weil mutierte) genetische Ausstattung dich zu mehr Reproduktion, wird es auch zu mehr Reproduktion kommen - demzufolge wirst du verhältnismäßig mehr Nachkommen produzieren als deine weniger gut ausgestatteten Artgenossen, und über viele tausende Generationen hinweg setzt sich die bessere genetische Ausstattung somit durch, in dem das Verhältnis über Generation zu Generation ein kleines Stück hin zur besseren genetischen Ausstattung hin verschoben wird. Das ist also keineswegs ein Prozess, der abläuft, auch wenn man den Prozess der verhältnismäßigen Änderung der genetischen Ausstattung theoretisch (über Jahrtausende hinweg) beobachten könnte.
Aber wer würde schon das versimpelte Prinzip "Wer Sex haben kann, wird Sex haben" für zielgerichtet halten? Es ist eine logische Zwangsläufigkeit, kein aktiver Ablauf, der ein Ziel verfolgt - obwohl er natürlich (sozusagen) eine Art von "Ergebnis" hat, nämlich eine Veränderung. Aber dieses "Ergebnis" darf man nicht mit einem Ziel oder gar einer Absicht verwechseln. Evolution und Selektion ist also eben kein "gerichteter Prozess", es ist ein Begriff für das beobachtete (und logisch nachvollziehbare) Phänomen, dass der besser angepasste Organismus sich eher durchsetzen wird.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)