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Ma`at und Ba
#1
Rao, Seele #20, schrieb:Hab mich auch schon gewundert, warum man das alte Ägypten bis jetzt so konsequent ignoriert hat, als ob die Juden oder Griechen alles erfunden hätten... gibt es eigentlich zur Seele noch ältere Vorstellungen, altes Sumer oder so? Weiß da jemand was?

Als die Ägypter nachzudenken begannen, was nach dem menschlichen Dasein noch sein könnte, erfanden sie zwei Dinge: das Monumentalgrab und die Tugend, die verinnerlichte Form des Monumentalgrabes. Die Tugend stellten sie über das Monumentalgrab. Vor allem durch die Tugend, meinten sie, sei ein Im-Gedächtnis-der Gesellschaft-Fortdauern gesichert.

Damit verbunden sind die Ausbildung einer Seelenvorstellung, des "Ba", mit der Osiris-Religion verbundene Jenseitsvorstellungen und die "Lehre vom Herzen", die Ausdifferenzierung einer personalen Innenwelt.

Mit solchen Vorstellungen sind auch schöne Mythen und der religionsgeschichtlich interessante Begriff des "Ma`at" verbunden. Wenn es jemand wünscht, könnte das Inhalt einer Diskussion sein.
MfG B.
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#2
Das wäre sicher interessant - als Buch. (Ich habe den Eindruck, mich allmählich zu verzetteln.)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
mich würde schon interessieren, was bei den ägyptern in der erwartung eines "Im-Gedächtnis-der Gesellschaft-Fortdauerns" (eine imho zutiefst menschliche zielsetzung) konkret umgesetzt worden ist und wie der theologische überbau aussieht
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#4
(24-08-2010, 23:19)petronius schrieb: mich würde schon interessieren, was bei den ägyptern in der erwartung eines "Im-Gedächtnis-der Gesellschaft-Fortdauerns" (eine imho zutiefst menschliche zielsetzung) konkret umgesetzt worden ist und wie der theologische überbau aussieht

Der Ba ist jene Daseinsform, die nach dem Tode den Körper verlässt.

Nicht nur Übergangsform ins Jenseits ist der Ba, sondern auch das, was die Wiedervereinigung mit dem Leichnam bewerkstelligen kann, also periodisch Rückkehr ins Diesseits verspricht.

Mit einer Seele im christlichen Sinn ist der Ba nicht vergleichbar, weil – zumindest in der alten Zeit – nur der König einen Ba hatte, der ihn in Ba-Gestalt an der Unsterblichkeit der Götter teilnehmen ließ.

Hingegen ist der Ma`at das Prinzip der Einbindung des einzelnen in das Gefüge des Ganzen. In dem Maß, in dem der einzelne im Gedächtnis der Gesellschaft verbleibt, ist er noch vorhanden. Nur beim König stehen Ba und Ma`at in Beziehung. Sein Ba ist unsterblich, auch wenn sein Ma`at verblasst.
MfG B.
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#5
(24-08-2010, 23:46)Bion schrieb: Mit einer Seele im christlichen Sinn ist der Ba nicht vergleichbar, weil – zumindest in der alten Zeit – nur der König einen Ba hatte, der ihn in Ba-Gestalt an der Unsterblichkeit der Götter teilnehmen ließ.

also eine theologie des gottkönigtums

(24-08-2010, 23:46)Bion schrieb: Hingegen ist der Ma`at das Prinzip der Einbindung des einzelnen in das Gefüge des Ganzen. In dem Maß, in dem der einzelne im Gedächtnis der Gesellschaft verbleibt, ist er noch vorhanden. Nur beim König stehen Ba und Ma`at in Beziehung. Sein Ba ist unsterblich, auch wenn sein Ma`at verblasst.

das prinzip des ma'at scheint mir dann weniger theologisch begründet denn menschlich und geselslchaftlich verständlich
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#6
(27-08-2010, 11:15)petronius schrieb:
(24-08-2010, 23:46)Bion schrieb: Mit einer Seele im christlichen Sinn ist der Ba nicht vergleichbar, weil – zumindest in der alten Zeit – nur der König einen Ba hatte, der ihn in Ba-Gestalt an der Unsterblichkeit der Götter teilnehmen ließ.
also eine theologie des gottkönigtums

Ja, kann man so sagen.

(27-08-2010, 11:15)petronius schrieb:
(24-08-2010, 23:46)Bion schrieb: Hingegen ist der Ma`at das Prinzip der Einbindung des einzelnen in das Gefüge des Ganzen. In dem Maß, in dem der einzelne im Gedächtnis der Gesellschaft verbleibt, ist er noch vorhanden. Nur beim König stehen Ba und Ma`at in Beziehung. Sein Ba ist unsterblich, auch wenn sein Ma`at verblasst.
das prinzip des ma'at scheint mir dann weniger theologisch begründet denn menschlich und geselslchaftlich verständlich

Ma`at ist ein vieldeutiger Begriff in der ägyptischen Religions- und Geistesgeschichte. Vorerst einmal ist Ma`at (Mu`at) eine Göttin des ägyptischen Pantheons, und zwar die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit.

Sehr früh schon wurde der (die?) Ma`at zu einem abstrakten Begriff, der menschliches Handeln mit kosmischer Ordnung verknüpfte, um Recht, Moral, Staat, Kult und religiöses Denken auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen.

Die ägyptische Ma`at-Lehre umfasst den Ort des einzelnen Menschen in der Gesellschaft, den Ort der Gesellschaft im pharaonischen Staat und jenen des Staates im Kosmos.

Ma`at könnte man als Oberbegriff aller Bindungen und Verpflichtungen gegenüber Mitmenschen, dem Staat und gegenüber allem, was heilig ist, verstehen.

Ma`at ist das Streben nach geordneten Verhältnissen. Neben vielen diesseitsbezogenen Aspekten solchen Strebens, gehört natürlich auch eine "harmonische Beziehung zu den Göttern" dazu.
MfG B.
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#7
(27-08-2010, 20:12)Bion schrieb: Ma`at ist ein vieldeutiger Begriff in der ägyptischen Religions- und Geistesgeschichte. Vorerst einmal ist Ma`at (Mu`at) eine Göttin des ägyptischen Pantheons, und zwar die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit.

Sehr früh schon wurde der (die?) Ma`at zu einem abstrakten Begriff, der menschliches Handeln mit kosmischer Ordnung verknüpfte, um Recht, Moral, Staat, Kult und religiöses Denken auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen.

Die ägyptische Ma`at-Lehre umfasst den Ort des einzelnen Menschen in der Gesellschaft, den Ort der Gesellschaft im pharaonischen Staat und jenen des Staates im Kosmos.

Ma`at könnte man als Oberbegriff aller Bindungen und Verpflichtungen gegenüber Mitmenschen, dem Staat und gegenüber allem, was heilig ist, verstehen.

Ma`at ist das Streben nach geordneten Verhältnissen. Neben vielen diesseitsbezogenen Aspekten solchen Strebens, gehört natürlich auch eine "harmonische Beziehung zu den Göttern" dazu.

klingt für mich blutigen laien fast konfuzianisch. mag man da parallelen sehen?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#8
(27-08-2010, 21:39)petronius schrieb: klingt für mich blutigen laien fast konfuzianisch. mag man da parallelen sehen?

Ich nehme an, Du spielst auf das Li (die Riten) an.

Die Riten (der Ahnentempelritus) waren (ähnlich wie Ma`at bei den Ägyptern) das kulturell-religiöse Bindemittel für den Zusammenhalt des Reiches. Das Li hatte alle Lebensäußerungen der Chou-Gesellschaft erfasst und wurde zum wichtigsten Unterscheidungsmerkmal zu den das Chou-Reich umgebenden Völkern.

Bei der Ausübung der Riten musste die äußere Haltung vom inneren Ethos erfüllt sein, und zwar als Äußerung der Humanität (Jên = Beziehung der Menschen untereinander) und der Frömmigkeit (Hsiao = Verhalten der Kinder den Eltern gegenüber).

Li – als Hauptprinzip des menschlichen Seins – legte für alle erdenklichen Einzelfälle korrektes Verhalten fest. Für die gebildeten Schichten trat es an die Stelle einer (inneren) Beziehung zur Gottheit.
MfG B.
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