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Politische Bücher und Rezension
#23
Jürchen Tichy: Die verantwortungslose Gesellschaft, ISBN 978-3-86850-194-0 8 (tredition.de 2008)

Wir leben in einer Gesellschaft, deren Mitglieder für ihr Tun häufig jede Verantwortung von sich weisen oder schlimmer noch: gar nicht wahrnehmen. Das Buch geht den Ursachen nach und gibt Hinweise, wie ein Umdenken in die Wege geleitet werden kann.
Zunächst zu den Ursachen dafür, dass Verantwortung abgelehnt wird: Die freie Willensentscheidung wird abgelehnt; der Mensch wird – in Anlehnung an die Thesen Freuds – als Spielball seiner Triebe betrachtet; die frühkindlichen Entwicklung ist schuld; die Ablehnung von Erkenntnissen (ich habe es nicht gewusst); die Wahrheit ist unbequem oder kostspielig; Andere machen es auch; Lusterlebnisse ersetzen die Realität (Spaßgesellschaft, „DSDS“); Scheu von Richtern vor harten Sanktionen (Täter-Entschuldung).
Der Autor gibt eine Reihe höchst unterhaltsam wirkender Fallbeispiele, wie verantwortungsloses Verhalten nicht nur begangen, sondern von der Justiz und Öffentlichkeit recht wohlwollend geduldet wird.
Vielfach ist Verantwortungslosigkeit mit Machtstrukturen in unserer Gesellschaft verbunden. Die Verursacher und Nutznießer werden „keinen Finger krumm machen“, daran etwas zu verändern. Daher muss die Solidargemeinschaft dafür sorgen dass sich die Dinge ändern – und nicht der Bequemlichkeit halber wegsehen. Als Mittel, Verantwortliche nachhaltig an ihre Pflichten zu erinnern, sieht der Autor folgende Beispiele für solidarisches Handeln der Vielen:
Streik ohne gewerkschaftliche Absegnung; Kaufboykott insbesondere bei Firmen, die Leute ohne Not „freistellen“, Änderung der Steuergesetzgebung (Inlandsgewinne = Inlandssteuern!); Arbeislosigkeit von den Unternehmen komplett finanzieren lassen, Kosten für Sozialabbau den Unternehmen anlasten. Ich will auch nicht unterdrücken, dass der Autor für ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ ist. Allerdings fördert dies allein die Mitverantwortung eher nicht.
Um zu erreichen, was das Buch will (mehr Wahrnehmung von Verantwortung gegen den Trend), brauchen wir Menschen, die ihre Gleichgültigkeit aufgeben und sich einbringen auch gegen Widerstände und bei Misserfolgen.

Die wohldurchdachten Thesen des Autors haben mich sehr beeindruckt. Stil und Ausdruck führen auch zu einem erheblichen Unterhaltungswert selbst an Stellen, die dem "inneren Schweinehund" zuwider laufen.
Klasse Buch - teilweise zeitlos!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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