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Ernährung und Medizin im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
#4
(02-12-2017, 15:43)Ulan schrieb: ...dem Buch "Edelmann... Bürger, Bauer, Bettelmann. Berlin im Mittelalter. Ullstein, Frankfurt am Main-Berlin-Wien 1981" des Mittelalterarchaeologen Adriaan von Müller. Darin stand auch die Aussage, dass Fleisch fuer einen nichtselbstaendigen Handwerker im 13. Jhdt. zur normalen Kost gehoerte. "Aus dem Vergleich [mit Verhaeltnissen um 1980] ergibt sich bei Beruecksichtigung aller Unsicherheitsfaktoren, dass das Verhaeltnis von Verdienst und Lebenshaltungskosten im 13. Jahrhundert jedenfalls etwa dem der heutigen Zeit entspricht."

Was die Ernährung der städtischen Bürgerschaft betrifft, wird das wohl so gewesen sein.

Die Historikerin Barbara Tuchman soll einmal bemerkt haben, dass jeder Behauptung über das Mittelalter mit einer entgegengesetzten widersprochen werden kann. Was die Ernährung der Bauernschaft im Hochmittelalter betrifft, finde ich das bestätigt.

Mir liegen folgende Behauptungen zweier renommierter Historiker vor:

Werner Rösener schrieb:Die Fleischgerichte spielten auch im bäuerlichen Haushalt des Mittelalters eine beachtliche Rolle, wobei der jeweilige Anteil des Fleischkonsums am Gesamthaushalt nach Schicht, Gegend und Zeit variierte. Die Bauern schätzten besonders das fette Schweinefleisch und zogen es sogar dem Rindfleisch vor.

W. Rösener. Bauern im Mittelalter. 1985 München, Verl. C. H. Beck, S. 109

Ernst Schubert schrieb:Schon in der Karolingerzeit war der Bauer derjenige gewesen, der Brot, Brei oder Gemüse, aber nur sehr selten Fleisch essen konnte. Beiläufig, also im Sinne des Üblichen und Gewohnten, spricht im 12. Jahrhundert die "Zwiefalter Chronik" von Mahlzeiten, die "mit Mehl ... nach Brauch armer Leute zubereitet" wurden, also von fleischlosen Breien. Das bildet eine Konstante. Fleischarmut bestimmt die Küche des gemeinen Mannes, wie sie 1520 Johannes Boemus oder 1544 Sebastian Münster für die Bauern schildern: "Geringes Brot, Haferbrei oder gekochte Bohnen bilden die Speise der Bauern",…

E. Schubert. Essen und Trinken im Mittelalter. 2. Aufl. 2010 Darmstadt, Verl. WBG, S. 97


(02-12-2017, 15:43)Ulan schrieb: Eine weitere Moeglichkeit zur Einordnung der Aeusserungen Hildegards waere dieses Zitat (muesste man ueberpruefen, da kein Direktzitat):

„Die Verwendung der Früchte: Gut gereifte, süße Pflaumen und hartschalige Pfirsiche, die vollständig am Baum gereift sind, sowie Kirschen und verschiedene Arten von Früchten sind zuträglich, wenn sie am Baum gereift sind. Wenn sie aber unreif gepflückt und nach einigen Tagen weich geworden sind, betrachten wir das als Fäulnis und nicht als Reife. Wenn man nämlich davon ißt, entstehen faulige Säfte im Innern...“

– Lorscher Arzneibuch: Epistula Anthimi ad Theodoricum regem (Fol. 72r-74v)"

Solche Überlegungen waren wohl von der 'Lehre von den Körpersäften', die zu Hildegards Lebenszeit 'Stand der Wissenschaft' war, getragen. Als Ursache aller Krankheitserscheinungen galten schlechte Durchmischungen der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle). Die Eigenschaften, die Hildegard den verschieden Nahrungsmitteln zuordnet, muten uns heute doch etwas eigenartig an. Unter Berücksichtigung des damaligen Wissensstandes sind ihre Ratschläge aber durchaus verständlich.
MfG B.
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RE: Ernährung und Medizin im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit - von Bion - 04-12-2017, 15:34

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