Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
"Wir nehmen die Bibel halt wörtlich"
#91
(29-10-2020, 10:54)Ulan schrieb: Das ist eine interessante Fragestellung und, so wie formuliert, dann doch nicht so einfach zu beantworten. Der in der Theologie am haeufigsten vertretene Standpunkt hierzu waere: der historische Jesus hat existiert, der kerygmatische (der der Evangelien) nicht; wobei wir nur letzteren kennen.
Wie wäre es mit einer weiteren Differenzierung: Sowohl der historische Jesus als auch der kerygmatische Jesus kann nicht ebenso existent sein, wie nicht existent. Wenn wir nur den kerygmatischen Jesus kennen, woraus wollten wir schließen, dass es den historischen Jesus überhaupt gab? (Wohlgemerkt, es gab und gibt viele Menschen, die Jesus (in allen sprachlichen Variationen) oder eben Jehoschua hießen und heißen, aber um die geht es ja nicht)
Zitieren
#92
(29-10-2020, 21:17)Praytes schrieb:
(29-10-2020, 20:42)Ulan schrieb: Ja. Und dann macht man sich klar, dass dieser im 2. Jhdt. n. Chr. verfasste Text sich mit den Spoettern seiner Zeit befasst. Das war vor fast 2000 Jahren, und noch immer hat sich keine Vorhersage erfuellt.
Damit bringst du die Art des Spotts der Spötter auf den Punkt!

Eben. Sie hatten auch vor knapp 2000 Jahren schon recht. Texte wie 2 Peter sind der Versuch, da noch etwas zu retten. Dass diese Aussagen dann noch dem Petrus, der zum Zeitpunkt, als der Text geschrieben wurde, schon fuer Jahrzehnte tot war, in den Mund geschoben wurden, war dann noch ein fadenscheiniger Versuch, der Aussage Autoritaet zu geben. Das Spiel mit der Angst funktioniert natuerlich auch heute noch ganz gut.
Zitieren
#93
(29-10-2020, 21:24)Praytes schrieb: Wie wäre es mit einer weiteren Differenzierung: Sowohl der historische Jesus als auch der kerygmatische Jesus kann nicht ebenso existent sein, wie nicht existent. Wenn wir nur den kerygmatischen Jesus kennen, woraus wollten wir schließen, dass es den historischen Jesus überhaupt gab? (Wohlgemerkt, es gab und gibt viele Menschen, die Jesus (in allen sprachlichen Variationen) oder eben Jehoschua hießen und heißen, aber um die geht es ja nicht)

Nun, dass der kerygmatische Jesus existiert, ist ja offensichtlich; die Evangelien existieren ja.

Die Frage, ob der historische Jesus existierte, halte ich fuer weitgehend unwichtig. Es mag fuer Glaeubige wichtig sein, dass er existiert hatte, und es gibt einige atheistische Autoren, die sehr viel Energie darauf verschwenden, zu zeigen, dass es keinen historischen Jesus gab. Nur, ohne neue Daten, wie soll man das mit Sicherheit entscheiden?

Der Glaube hat auch ohne solche Sicherheiten ueberlebt. Es geht ja, wie schon der Name impliziert, um Glauben. Wissen ist da zweitrangig.
Zitieren
#94
@Praytes: Der historische Jesus landete im Reisswolf, im Kaminfeuer  oder in Vergessenheit. Der kerygmatische dagegen hatte viele Hebammen.

MfG
Zitieren
#95
(29-10-2020, 21:29)Ulan schrieb: Eben. Sie hatten auch vor knapp 2000 Jahren schon recht. Texte wie 2 Peter sind der Versuch, da noch etwas zu retten. Dass diese Aussagen dann noch dem Petrus, der zum Zeitpunkt, als der Text geschrieben wurde, schon fuer Jahrzehnte tot war, in den Mund geschoben wurden, war dann noch ein fadenscheiniger Versuch, der Aussage Autoritaet zu geben. Das Spiel mit der Angst funktioniert natuerlich auch heute noch ganz gut.
Das Spiel mit dem Spott funktioniert heute ebenfalls noch ganz gut. Und das wird auch noch eine Weile so weitergehen, bis das eintrifft, was in der angeführten Textstelle angeführt ist. Der Spott ist also nichts ungewöhnliches. Es ist eine Reaktion auf die Angst vor dem, was da angekündigt ist. Karikaturen eines besorgniserregenden Ereignisses können ja zum Abbau von Angstgefühlen führen.
Zitieren
#96
Wenn man sich dann ueberlegt, dass das Reich Gottes auf Erden durch Jesus schon zu Lebzeiten seiner Zuhoerer versprochen wurde, sieht man das ganze etwas gelassener. Es ist eher erstaunlich, wie lange solch gescheiterten Propheten noch angehangen wrid. Dafuer gibt's aber auch in heutiger Zeit genuegend Beispiele; siehe die Zeugen Jehovas, die trotz zahlreicher gescheiterter Prophezeiungen immer noch existieren. Fuer Psychologen ist das ein interessantes Phaenomen. Es laesst Rueckschluesse darauf zu, wie unser kognitives System funktioniert.
Zitieren
#97
(29-10-2020, 21:37)Ulan schrieb: Die Frage, ob der historische Jesus existierte, halte ich fuer weitgehend unwichtig. Es mag fuer Glaeubige wichtig sein, dass er existiert hatte, und es gibt einige atheistische Autoren, die sehr viel Energie darauf verschwenden, zu zeigen, dass es keinen historischen Jesus gab. Nur, ohne neue Daten, wie soll man das mit Sicherheit entscheiden?
Auch immer wieder neue Daten werden von beiden Positionen in dieser Angelegenheit zu ihrem jeweiligen Nutzen interpretiert werden. Die Sicherheit, die du ansprichst, ist zwar real (weil Jesus ja nicht gleichermaßen existent wie nichtexistent gewesen sein kann, liegt aber noch in der Zukunft.

(29-10-2020, 21:37)Ulan schrieb: Der Glaube hat auch ohne solche Sicherheiten ueberlebt. Es geht ja, wie schon der Name impliziert, um Glauben. Wissen ist da zweitrangig.
Es mag Gläubige geben, denen das Wissen tatsächlich zweitrangig ist, unter anderem, weil die Inhalte des Glaubens kaum noch von praktischem Wert für das alltägliche Leben sind. Das dürfte dann auch für die Mehrheit der Gläubigen zutreffen, zumindest in den "westlichen Welt". Bei denen allerdings, die ihren Glauben aktiv im Alltag ausleben dürfte der Glauben aus dem Wissen resultieren.
Zitieren
#98
(29-10-2020, 22:04)Praytes schrieb: Bei denen allerdings, die ihren Glauben aktiv im Alltag ausleben dürfte der Glauben aus dem Wissen resultieren.

Dass Glaeubige mit diesem Begriff um sich werfen, ist mir klar. Im Prinip sprechen sie aber nur von subjektiver Gewissheit. Mit objektivem Wissen hat das nichts zu tun.

Und eine Sicherheit, die in der Zukunft liegt (eine Glaubensaussage), ist halt, auf die heutige Zeit bezogen, keine.
Zitieren
#99
(29-10-2020, 21:55)Ulan schrieb: Wenn man sich dann ueberlegt, dass das Reich Gottes auf Erden durch Jesus schon zu Lebzeiten seiner Zuhoerer versprochen wurde, sieht man das ganze etwas gelassener. Es ist eher erstaunlich, wie lange solch gescheiterten Propheten noch angehangen wrid. Dafuer gibt's aber auch in heutiger Zeit genuegend Beispiele; siehe die Zeugen Jehovas, die trotz zahlreicher gescheiterter Prophezeiungen immer noch existieren. Fuer Psychologen ist das ein interessantes Phaenomen. Es laesst Rueckschluesse darauf zu, wie unser kognitives System funktioniert.
Das liefert auch einen Hinweis zu welchem Schlüssen Menschen kommen (müssen?), die die Prophezeiungen entsprechend ihrer subjektiven Wertung der "Aktenlage" für gescheitert halten und jenen, die sie nicht für gescheitert halten.
Zitieren
(29-10-2020, 22:06)Ulan schrieb: Dass Glaeubige mit diesem Begriff um sich werfen, ist mir klar. Im Prinip sprechen sie aber nur von subjektiver Gewissheit. Mit objektivem Wissen hat das nichts zu tun.
Das hat jetzt - ironischerweise - natürlich auch nichts mit objektivem Wissen zu tun sondern beschreibt lediglich deine subjektive Gewissheit. Was ist "objektives Wissen"? Eine Formel, die jedes Individuum für sich beanspruchen will?

(29-10-2020, 22:06)Ulan schrieb: Und eine Sicherheit, die in der Zukunft liegt (eine Glaubensaussage), ist halt, auf die heutige Zeit bezogen, keine.
Ging es dir bei der Sicherheit, von der du sprachst, denn überhaupt um eine Glaubensaussage?
Zitieren
(29-10-2020, 21:37)Ulan schrieb: Die Frage, ob der historische Jesus existierte, halte ich fuer weitgehend unwichtig. Es mag fuer Glaeubige wichtig sein, dass er existiert hatte, und es gibt einige atheistische Autoren, die sehr viel Energie darauf verschwenden, zu zeigen, dass es keinen historischen Jesus gab. 

Ohne sehr viel Energie darauf zu verschwenden: Everything is possible for one who believes. 

Man kann sich letztlich nur für die Wahrscheinlichkeitstheorie entscheiden. 

MfG
Zitieren
(29-10-2020, 22:24)Praytes schrieb: Das hat jetzt - ironischerweise - natürlich auch nichts mit objektivem Wissen zu tun sondern beschreibt lediglich deine subjektive Gewissheit. Was ist "objektives Wissen"? Eine Formel, die jedes Individuum für sich beanspruchen will?

Ich spreche davon, wie Glaeubige diesen Begriff im Normalfall verwenden. Es ist ein Selbstbetaetigungsritual, also ein Glaubensakt.

(29-10-2020, 22:24)Praytes schrieb:
(29-10-2020, 22:06)Ulan schrieb: Und eine Sicherheit, die in der Zukunft liegt (eine Glaubensaussage), ist halt, auf die heutige Zeit bezogen, keine.
Ging es dir bei der Sicherheit, von der du sprachst, denn überhaupt um eine Glaubensaussage?

Ja sicher. Die Annahme einer in der Zukunft liegenden sicheren Existenz einer Antwort auf die Frage, setzt ja voraus, dass man daran glaubt, dass die Prophezeiungen wahr sind (eine Existenz nach dem Tode, die einem Antwort auf alle Fragen liefert). Eine etwas nuechternere Betrachtungsweise wuerde davon ausgehen, dass es auf sehr viele Fragen nie irgendwelche Antworten geben wird.
Zitieren
(29-10-2020, 22:19)Praytes schrieb: Das liefert auch einen Hinweis zu welchem Schlüssen Menschen kommen (müssen?), die die Prophezeiungen entsprechend ihrer subjektiven Wertung der "Aktenlage" für gescheitert halten und jenen, die sie nicht für gescheitert halten.

Die Psychologie hat sich mittlerweile seit Jahrzehnten damit beschaeftigt, warum gescheiterte Glaubensgemeinschaften nicht auseinanderbrechen. Objektive Fakten, die die Glaubensinhalte dieser Glaeubigen eindeutig widerlegen (bei den gescheiterten Prophezeiungen zum Reich Gottes der ZJ und vieler anderer christlicher Gemeinschaften ist diese Objektivitaet ja zweifelsfrei gegeben), fuehren paradoxerweise dazu, dass dieses Scheitern den Glauben noch intensiviert, wie wir dies auch in den fruehchristlichen Schriften erleben. Im Prinzip geht es hier um eine Form der "sunk cost fallacy", oder, wie es auf Neu-Deutsch heisst, dem "eskalierenden Commitment". Es wurde schon zuviel emotional und manchmal auch finanziell in eine Idee gesteckt, um sich selbst gegenueber zugeben zu koennen, dass man eine Fehlentscheidung getroffen hat. Als Resultat wird dann noch mehr Energie in die Idee gesteckt. Bei Glaubensfragen funktioniert das besonders gut, da die Abrechnung ja - fuer jedermann vollkommen unueberpruefbar - sowieso auf einen Zeitpunkt nach dem eigenen Tod verschoben ist. Die Religionswissenschaften sind in dem Punkt schon recht weit gekommen.

Wie die Kirchenvaeter mit diesem Scheitern ringen, ist ja hinlaenglich aus ihren Schriften bekannt.
Zitieren
(29-10-2020, 21:55)Ulan schrieb: Wenn man sich dann ueberlegt, dass das Reich Gottes auf Erden durch Jesus schon zu Lebzeiten seiner Zuhoerer versprochen wurde, sieht man das ganze etwas gelassener. Es ist eher erstaunlich, wie lange solch gescheiterten Propheten noch angehangen wrid.

Heisst das Im Klartext, dass die Anhaenglichkeit an den gescheiterten Propheten Jesus, denn das war der historische zweifelsohne, Dich erstaunt?

Dann könnten wir den ganzen Religionsaltar ja komplett abräumen und das Forum auch -  Fortfall der Geschaeftsgrundlage! 

MfG
Zitieren
Ja und nein. Es geht ja um ein Riesenversprechen, fast ohne Gegenleistung, und so etwas nehmen die meisten Menschen doch gerne so ganz nebenbei mit. Ausserdem wird fuer den Akt der Erstbindung ja sowieso erst einmal die Schokoladenseite praesentiert. Funktioniert ja auch auf Foren so. Erst kommt das "love bombing", die Daumenschrauben werden erst spaeter rausgeholt.
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Wurde die Bibel vom Heiligen Geist oder von Menschen geschrieben? Nils 48 4533 09-01-2024, 13:53
Letzter Beitrag: Sinai
  Materialsymbolik in der Bibel. Blei Sinai 12 2282 26-07-2023, 14:42
Letzter Beitrag: petronius
  Die Wunder der Bibel - warum gab es seit fast 2000 Jahren keine mehr ? Georg05 52 9902 20-04-2023, 14:51
Letzter Beitrag: Sinai

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste